In diesem Post geht es um das neue Thema des Leistungskurses: Endliche Automaten. Mit ihnen kann man auf eine einfache Art komplexe Abläufe modellieren, man findet sie auch in Eingabevalidierungen oder Compilern.

graphviz-5c8b0eb568c2bcd4755936b9140015e3 digraph finite_state_machine { rankdir=LR; size="8,5" node [shape = doublecircle]; q2; node [shape = point]; qi node [shape = circle]; qi -> q0; q0 -> q1 [ label = "b" ]; q0 -> q3 [ label = "a" ]; q3 -> q3 [ label = "a, b" ]; q1 -> q2 [ label = "b" ]; q1 -> q4 [ label = "a" ]; q4 -> q4 [ label = "a" ]; q2 -> q4 [ label = "a" ]; q2 -> q2 [ label = "b" ]; q4 -> q2 [ label = "b" ]; } finite_state_machine q2 q2 q2->q2 b q4 q4 q2->q4 a qi q0 q0 qi->q0 q1 q1 q0->q1 b q3 q3 q0->q3 a q1->q2 b q1->q4 a q3->q3 a, b q4->q2 b q4->q4 a

Was ist überhaupt ein Automat?

Ein Automat besteht aus Zuständen und Übergängen. Das obige Bild nennt man einen Übergangsgraphen: Zustände werden als Knoten gezeichnet, Übergänge als Kanten.

Ein Automat nimmt nun eine Eingabe entgegen und überprüft, ob sie angenommen wird. Die Eingabe nennt man “Wort”, wird sie angenommen, gehört sie zur “Sprache” des Automaten. Damit dieser Fachterminus einfacher verständlich ist, hier ein Beispiel:

Der obige Automat hat das Eingabe-Alphabet Σ={a;b}\Sigma = \{a; b\}. Dies kann man an den Beschriftungen der Übergänge ablesen. Nun füttert man diesen Automaten mit einem “Wort”, in unserem Beispiel mit baab. Man steigt bei q0q_0 in den Automaten ein und schaut sich das erste Zeichen des Wortes an, dann folgt man dem entsprechenden Übergang. In unserem Beispiel ist das ein b, der erste Übergang ist also q0q1q_0 \rightarrow q_1. Dies wird für jedes Zeichen wiederholt:

q0bq1aq4aq4bq2\displaystyle q_0 \xrightarrow{b} q_1 \xrightarrow{a} q_4 \xrightarrow{a} q_4 \xrightarrow{b} q_2

Die Eingabe baab führt also in den Zustand q2q_2. Da dieser ein Endzustand ist (erkennbar an der doppelten Umrandung), wird das Wort angenommen und gehört somit zur Sprache des Automaten.

Die Eingabe bba wird hingegen nicht angenommen:

q0bq1bq2aq4\displaystyle q_0 \xrightarrow{b} q_1 \xrightarrow{b} q_2 \xrightarrow{a} q_4

Sie endet in q4q4, dies ist kein Endzustand.

Hat ein Zustand keinen Übergang, der von ihm weg führt, nennt man ihn “Senke”. Landet man einmal in ihm, kommt man nicht mehr heraus. In unserem Beispiel ist q3q3 eine Senke.

Formale Definition

Ein Übergangsgraph kann einen Automaten sehr anschaulich beschreiben, für die Implementation ist aber eine formale Definition sehr hilfreich.

Diese besteht aus fünf Teilen:

A=(Q,Σ,δ,q0,F)\displaystyle A = (Q, \Sigma, \delta, q_0, F)

QQ ist die Menge aller Zustände.

Q={q0;q1;q2;q3;q4}\displaystyle Q = \{ q_0; q_1; q_2; q_3; q_4 \}

Σ\Sigma ist das Eingabealphabet.

Σ={a;b}\displaystyle \Sigma = \{ a; b \}

δ\delta ist die Übergangsfunktion. Sie bestimmt aus dem aktuellem Zustand und dem nächsten Zeichen den nächsten Zustand.

δ\delta a b
q0 q3 q1
q1 q2 q4
q2 q4 q2
q3 q3 q3
q4 q4 q2

q0q_0 ist der Anfangszustand.

FF ist die Menge aller Endzustände, in denen das Wort angenommen wird.

F={q2}\displaystyle F = \{ q_2 \}

Der Beispiel-Automat ist ein Deterministischer Endlicher Automat (DEA).

Deterministisch bedeutet, dass bei jedem Zustand für jede Eingabe eindeutig bestimmt ist, in welchen Zustand übergangen wird.

Endlich beschreibt, dass der Automat eine endliche Anzahl an Zuständen besitzt.

Es gibt auch andere Arten von Automaten, eine davon wirst du später kennenlernen.

Implementation

Ein DEA ist vergleichsweise einfach zu implementieren. Eine mögliche Implementation des Beispiel-DEAs kannst du hier sehen:

class ExampleDEA {
  
  int BEGINNING_STATE = 0;

  int[] END_STATES = new int[]{ 2 };

  public boolean matches(String value) {
    int state = BEGINNING_STATE;

    for (char c : value.toCharArray()) {
      state = this.nextState(state, c);
    }

    // Pseudo-Code
    return END_STATES.contains(state);
  }

  private int nextState(int currentState, char c) {
    switch (currentState) {
      case 0:
        return c == 'a' ? 3 : 1;
      case 1:
        return c == 'a' ? 2 : 4;
      case 2:
        return c == 'a' ? 4 : 2;
      case 3:
        return c == 'a' ? 3 : 3;
      case 4:
        return c == 'a' ? 4 : 2;
      default:
        return -1;
    }
  }

}

Die Methode nextState modelliert die Übergangstabelle δ\delta, die Methode matches verwendet diese um einen Eingabewert auf seine Gültigkeit zu überprüfen.

Nicht-Deterministische Endliche Automaten

Im Gegensatz zu DEAs ist bei Nicht-Deterministischen Endlichen Automaten (NEA) der Übergangsgraph nicht eindeutig. Das könnte so aussehen: Bist du bei pp und hast 11 eingelesen, kannst du entweder nach pp oder qq gehen.

graphviz-f268865deae5cca929280ed15082c70d digraph finite_state_machine { rankdir=LR; size="8,5" node [shape = doublecircle]; q; node [shape = point]; i node [shape = circle]; i -> p; p -> p [ label = "0, 1" ]; p -> q [ label = "1" ]; } finite_state_machine q q i p p i->p p->q 1 p->p 0, 1

Dieser Automat nimmt alle Eingabewerte an, für die es mindestens einen Weg zum Zielzustand gibt. Gültige Werte wären zum Beispiel:

p1q\displaystyle p \xrightarrow{1} q
p1p0p1q\displaystyle p \xrightarrow{1} p \xrightarrow{0} p \xrightarrow{1} q

Ungültige Werte wären

p0q\displaystyle p \xrightarrow{0} q
p1p0p0p\displaystyle p \xrightarrow{1} p \xrightarrow{0} p \xrightarrow{0} p

Dieser Automat nimmt alle Eingaben an, die auf 11 enden.

NEAs können sehr hilfreich sein, um komplexe Automaten herunter zu brechen.

Man stelle sich einen Spamfilter vor, der Emails auf das Wort “Elch” untersucht. Mit einem NEA kann dieser sehr überschaubar dargestellt werden:

graphviz-dcc6feb99285cf076f7bf23adc61531b digraph finite_state_machine { rankdir=LR; size="8,5" node [shape = doublecircle]; h; node [shape = point]; i node [shape = circle]; i -> q0; q0 -> q0 [label = <&Sigma;>]; q0 -> e [label = "e"]; e -> l [label = "l"]; l -> c [label = "c"]; c -> h [label = "h"]; h -> h [label = <&Sigma;>]; } finite_state_machine h h h->h Σ i q0 q0 i->q0 q0->q0 Σ e e q0->e e l l e->l l c c l->c c c->h h

Als DEA wäre dieser Automat sehr komplex:

graphviz-f29cab52dfd3773e5beb48e42aeffe39 digraph finite_state_machine { rankdir=LR; size="8,5" node [shape = doublecircle]; h; node [shape = point]; i node [shape = circle]; i -> q0; q0 -> q0 [label = "&Sigma;\{e}"]; q0 -> e [label = "e"]; e -> q0 [label = "&Sigma;\{l}"]; e -> e [label = "e"]; e -> l [label = "l"]; l -> q0 [label = "&Sigma;\{c,e}"]; l -> c [label = "c"]; l -> e [label = "e"]; c -> q0 [label = "&Sigma;\{h}"]; c -> h [label = "h"]; c -> e [label = "e"]; h -> h [label = <&Sigma;>]; } finite_state_machine h h h->h Σ i q0 q0 i->q0 q0->q0 Σ\{e} e e q0->e e e->q0 Σ\{l} e->e e l l e->l l l->q0 Σ\{c,e} l->e e c c l->c c c->h h c->q0 Σ\{h} c->e e

Interessant ist: Jeder DEA lässt sich als NEA darstellen und umgekehrt. Ein NEA ist also nur eine einfachere Darstellung.

Jeder DEA ist schon ein NEA, eine Überführung in die andere Richtung kann man mithilfe der Potenzmengenkonstruktion durchführen.

Reguläre Ausdrücke

Die Darstellung solcher Automaten in Übergangsgraphen ist anschaulich, aber oft zu sperrig. Damit man Automaten dem Computer gut beibringen kann, gibt es Reguläre Ausdrücke.

L={wΣw=ab(a+b)b+}\displaystyle L = \{ w \in \Sigma^* \mid w = ab(a+b)^*b+ \}

Dieser Reguläre Ausdruck besagt: Meine Sprache sind alle Wörter ww aus Σ\Sigma^* (Menge aller Wörter, die man aus dem Alphabet Σ\Sigma bilden kann), für die gilt:

  1. Es beginnt mit abab
  2. Es folgt 00 oder öfter mal aa oder bb
  3. Es folgt mindestens ein mal bb

Es gibt vier grundlegende Operatoren:

a?a?: Einmal oder keinmal aa
aa^*: Keinmal oder mehrmals aa
a+a^+: Ein oder mehrmals aa
a+ba+b: aa oder bb

Diese Operatoren können beliebig kombiniert werden.

Der Reguläre Ausdruck (a+..+z)elch(a+..+z)(a+..+z)^*elch(a+..+z)^* macht das selbe wie obiger NEA.

Unterstützung für Reguläre Ausdrücke, oder kurz RegEx (Regular Expression), ist in fast allen Sprachen schon eingebaut.

Das obige Elch-Beispiel in einigen Sprachen:

Java:

Pattern pattern = Patter.compile(".*elch.*");
Matcher m = p.matcher("Ein Elch läuft über die Straße.");
m.matches();

Javascript:

const regex = /.*elch.*/i;
regex.test("Ein Elch läuft über die Straße.");

Python:

re.match(".*elch.*", "Ein Elch läuft über die Straße.");

TL;DR

Endliche Automaten können verwendet werden, um die Eingaben zu validieren. Sie sind sehr effizient und simpel zu implementieren, können aber schnell sehr komplex werden. Oft kann man mit Regülaren Ausdrücken sehr einfach einen solchen Automaten formulieren, fast alle Sprachen haben diese schon eingebaut.